Heimkehr (2)

Wir befinden uns in einem Ausschnitt des Buches ‚Erlöstes Dasein‘ von Ladislaus Boros – am Ende unseres irdischen Lebens, am Anfang eines neuen Zustandes: „Ich stehe jetzt Aug in Aug mit dem auferstandenen Herrn. Alles um mich herum und in mir ist nun gänzlich durchsichtig auf ihn geworden ist. Auf diesen Moment habe ich insgeheim während meines ganzen Lebens gewartet. Ich spreche nun das einzige Wort aus, das meiner Liebe noch möglich ist und das mein ganzes Leben, die Träume der Menschheit und die Sehnsucht des Universums zusammenfasst: Du.

Aus diesem Wort erwächst eine ewigdauernde Umarmung. Ich mache aus dem gewaltigen Schicksal des Sterbens eine persönliche Liebesentscheidung. Ich mache aus der Preisgegebenheit an Christus eine Hingabe, die mich hineinreisst in Christus selbst. Das ist der Augenblick Gottes. Er hat schon an diesen Augenblick gedacht, als er die Welt erschuf. Er dachte an ihn in jedem Moment der langsam aufsteigenden Weltentwicklung. Er dachte an ihn, als er sein eigenes Kommen vorbereitete, in jedem Moment, den er fremd und verlassen und unbeachtet in einem grausigen Winkel unserer Erde verbrachte. Er dachte an ihn während seiner schrecklichen Agonie, in seinem Tod, wo er die Mauer der Weltlichkeit durchbrach, in seinem Niedergang, den wir Höllenfahrt nennen, bei dem er eingegangen ist in das Herz der Welt, in seiner Auferstehung und Himmelfahrt, in denen er das Weltall erfüllte. Er hat all das durchgemacht und auf sich genommen, damit ich ihm, jetzt im Tode, in der Tiefe des Universums und meines eigenen Seins begegnen könne und das liebeerfüllte Wort ausspreche: Du.

Nun reisst mich dieses Du-Sagen aus meiner Nichtigkeit heraus und schafft in mir neues Sein. Eine neue Leiblichkeit entsteht in mir, nicht mehr in sich eingesperrt, sondern das Universum umarmend. Nun sehe ich alles wiederum mit leiblichen Augen; ich sehe Gott. Ein neuer Zustand der Welt, der ‚Himmel‘ heisst, eröffnet sich mir. Erst jetzt, nachdem ich kühn und verschwenderisch mein Wesen Christus übereignet habe und darin das ewige Glück errungen habe, steigt mir mit neuer Mächtigkeit ins Bewusstsein, wie schrecklich, wie vernichtend die andere Möglichkeit meiner Entscheidung gewesen wäre. Hätte ich mich im Tode gegen dieses göttliche Du aufgelehnt, wie Satan es tat, der im Anfang aus reinem Hass die Gottheit ewig von sich warf, so hätte ich mich hineingestürzt in die unendliche Verlassenheit, in die erwürgte Dumpfheit des In-sich-gesperrt-Seins, in die Selbstverdammung.

Nun werde ich ganz still und schweigsam und empfange in selbstverlierender Dankbarkeit das Geschenk des dreieinigen Gottes, die ewig währende Gabe seiner Liebe. Eine Ewigkeit immerwährender Neuheit und Wandlung steht mir jetzt bevor, ein Zustand der in der Liebe eins gewordenen Welt.“

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