Segnen

Jemanden segnen, bedeutet, dieser Person in höchstmöglicher Form Bestätigung schenken, zum Geliebtsein dieses Menschen ja sagen und es bekräftigen, wachrufen: ‘Was immer sein wird und du sein wirst, du bist geliebt.’ Die Segenswünsche, die wir einander zusprechen, sind ein Widerhall des Segens, der von aller Ewigkeit auf uns ruht. Er ist die tiefste Bejahung unseres wahren Selbst. Der wiederholende Segen sagt uns immer wieder ausdrücklich die Wahrheit, dass wir einem liebenden Gott zugehören, der uns nie alleinlassen, sondern uns immer wieder daran erinnern wird, dass wir bei jedem Schritt unseres Lebens von der Liebe geleitet werden.

Gefühle

Ein Gefühl ist wie ein Kind, das in uns lebt und weint und lacht, Hunger hat und bemerkt sein will. Wer zu seinem Gefühl zu oft sagt: ,Sei still, ich habe jetzt keine Zeit für dich’ – dessen inneres Kind sitzt eines Tages in einer vergessenen Ecke und trauert, wird krank und verkümmert. Mit Gefühlen soll man umgehen wie mit einem Kind. Man sieht ihm freundlich und aufmerksam zu. Man hört, was es klagt, man leidet mit ihm, wenn es leidet. Denn Gefühle sind die lebendigsten Kräfte in uns. Keine andere Kraft in uns bringt so Lebendiges hervor. (Jörg Zink)

Wo genau ist der Himmel?

Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir; suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für. Angelus Silesius

Ein bewusstes Innehalten ist der erste Schritt, der es ermöglicht, aus einem beständigen Beschäftigt-Sein herauszutreten und sich von einer anderen Wirklichkeit berühren zu lassen. Silesius möchte mit seiner Frage: „Halt an, wo läufst du hin?“, den Menschen in seiner tieferen Sehnsucht berühren. Seine Frage könnte auch lauten: „Halt an, worum bemühst du dich in deinem Leben? Um was geht es dir? Was suchst du eigentlich zutiefst?“ Wo genau ist der Himmel? Silesius sagt auch gleich, wo dieser zu finden ist: „Der Himmel ist in dir.“

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Kontemplation

Das lateinische Wort ‚contemplare‘ bedeutet betrachten, schauen, wahrnehmen. Kontemplation als Lebensstil. Ich betrachte am Morgen in der Stille mein Dasein vor Gott. Ich komme so, wie ich bin, mit allem, was ich bin und habe. Alles hat Platz, die Gedanken und Gefühle in all ihren Schattierungen. Ich darf sie betrachten, schauen, wahrnehmen und an diesem geborgenen Ort wieder loslassen, seinlassen, meine Aufmerksamkeit auf den richten, der mich hält, mich mit allem trägt, auf den, der Wandlung schenkt, mitten in das bedürftige Leben hinein. Das Betrachten, Schauen und Wahrnehmen durch den Tag hindurch, was mir begegnet – in Menschen, Situationen, Gedanken, Gefühlen – lässt mich selbst bewusst sein und werden. Zum Abrunden lasse ich am Abend die Ereignisse des Tages langsam an mir vorüberziehen wie ein Film und sehe darin dankbar die Geschenke, die der Tag mir bereitet hat. Auch das Unangenehme, das Ungewollte darf sich zeigen, um gesehen, angenommen und losgelassen zu werden – in die guten Hände Gottes, dorthin, wo Wandlung geschieht, auch ohne unser Zutun.    

Bildung

Wie gebildet sind wir? Im Begriff ‚Bildung‘ steckt das Wort Bild. Als Meister Eckhard (1260-1328) das Wort Bildung in die deutsche Sprache einführte, verstand er darunter einen Vorgang, in dem der Mensch Gott ähnlich werden sollte. Bildung und Gottesebenbildlichkeit gehörten einmal zusammen. In einem Bildungsvorgang wird das entfaltet, was im Menschen schon angelegt ist und sich entwickeln soll. Gott hat von jedem Menschen ein anderes Bild entworfen. In diesem Sinne wurden wir und sind wir alle gebildet. Es ist ein Bild, das sich jeden Tag nach ‚Weiterbildung‘ sehnt, um immer mehr das zu sein und zu werden, welches Gott von Anfang an gemalt hat. ,Oh ja, bilde mich weiter nach deinem Bilde!’

Ich bin

Immerfort empfange ich mich aus deiner Hand. So ist es und so soll es sein. Das ist meine Wahrheit und meine Freude. Immerfort blickt dein Auge mich an, und ich lebe aus deinem Blick, du mein Schöpfer und mein Heil. Lehre mich in der Stille deiner Gegenwart, das Geheimnis zu verstehen, dass ich bin. Und dass ich bin durch dich und vor dir und für dich. Amen. (Romano Guardini, 1885-1968)

Ein sanftes, leises Säuseln

Elija (der Prophet aus dem ersten Testament der Bibel) hat Angst. Menschen trachten nach seinem Leben. Er zieht sich zurück in eine Höhle. Kommt uns das bekannt vor? Verstecken wir uns manchmal auch am liebsten in unserer Höhle, wenn es uns nicht gut geht, wenn wir Angst und Sorgen haben? Wie reagiert Gott auf die Not und Angst von Elija? Er ruft ihn: „Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn!“

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Geschenk

„Wer hat das Geschenk, wenn ich es nicht annehme?“ Diese Frage hat mir jemand gestellt. Natürlich, der Geschenkgeber oder die Geschenkgeberin. Doch gibt es Geschenke, die ich ablehne? Darf man Geschenke nicht annehmen? Das gehört sich doch nicht. Oder doch?! Nun, was ist der Sinn eines Geschenkes? Ganz einfach, den anderen zu beschenken, sein Herz zu erfreuen. Wenn dieses Kriterium erfüllt ist, dann ist alles gut.

Meine Fragestellerin meinte jedoch andere ‚Geschenke‘, nämlich diejenigen, die eigentlich gar keine sind. Wenn Menschen uns Giftpfeile senden, wenn Menschen uns abwerten, wenn sie uns klein halten/machen, wenn Menschen uns übergehen, wenn sie uns etwas geben wollen, was wir gar nicht wollen. Jetzt dämmerte mir. Sie meinte diese Art von Geschenken. Ja, diese Geschenke müssen wir tatsächlich nicht annehmen, weil sie uns schaden. Wenn ich diese Geschenke nicht an mich heranlasse, sie nicht persönlich nehme (sie nicht persönlich entgegennehme), dann bleiben sie beim Absender und ich bleibe unbelastet und frei in meinem Herzen.